Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht – wo liegen die Unterschiede?

Wenige Menschen haben Vorsorge für den Fall getroffen, dass sie infolge eines Unfalls oder einer schweren Krankheit ihre Angelegenheiten nicht mehr selbständig regeln können.
Meist wird davon ausgegangen, dass im Falle einer Geschäftsunfähigkeit ein Familienmitglied auch ohne Vollmacht handeln kann – diese Annahme ist jedoch falsch!

Falls keine rechtliche Vorsorge getroffen wurde, wird das Betreuungsgericht im Notfall einen Betreuer für Ihre gesetzliche Vertretung bestellen. Sind keine geeigneten Angehörige vorhanden, kann die Betreuung auch einer fremden Person übertragen werden.

Wer auf eine uneingeschränkt vertrauenswürdige Person zählen kann, sollte überlegen, diese durch eine Vorsorgevollmacht zu bevollmächtigen.

Bei der Absicherung für weniger gute Zeiten sind deshalb Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung sehr wichtig. Während der Sinn einer Patientenverfügung den meisten Menschen noch verständlich ist, werden die beiden anderen Begriffe häufig verwechselt. In diesem Beitrag werde ich Ihnen die Unterschiede erklären.

Hinweis: Hervorgehobene Begriffe in roter Farbe führen Sie direkt zu näheren Informationen auf den entsprechenden Webseiten.

Neu ab 2023: Notvertretungsrecht für Ehegatten

Mit dem neuen Notvertretungsrecht wurde eine Rechtsgrundlage für Ehegatten geschaffen, sich in einem medizinischen Notfall rechtlich gegenseitig vertreten zu können, falls keine Vorsorgevollmacht vorliegt.

Dieses Recht gilt allerdings nur für sechs Monate und kann nicht verlängert werden.

Ist diese Zeit abgelaufen, muss anschließend eine Betreuerin oder ein Betreuer bestellt werden. Damit der jeweilige Ehegatte davon Gebrauch machen kann, muss er ein Attest vom behandelnden Arzt vorlegen, der den medizinischen Notfall bestätigt.

Dieses Notvertretungsrecht gilt aufgrund der Missbrauchsrisiken jedoch nur für bestimmte Gesundheitsangelegenheiten und nicht für Vermögensfragen.

Wenn also Rechnungen bezahlt werden müssen und dafür ein Kontozugriff notwendig ist, hilft das Notvertretungsrecht nicht weiter.


1.  DIE BETREUUNGSVERFÜGUNG

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird das Wort „Betreuung“ manchmal mit einer sozialen Betreuung verwechselt, eine praktische und persönliche Unterstützung z.B. bei der Körperpflege oder im Haushalt.

Das Prinzip der rechtlichen Betreuung besteht darin, dass ein gerichtlich bestellter Betreuer die Angelegenheiten für jemanden erledigt, der dazu nicht mehr in der Lage ist. Dabei sind die Wünsche der betreuten Person so weit wie möglich zu berücksichtigen.

a. Aufgabenkreis

Im Gegensatz zur früheren „Entmündigung“ gilt die rechtliche Betreuung nur für die erforderlichen Aufgabenkreise.

Möglich sind folgende Aufgabenkreise:

Vermögenssorge – Vertretung in persönlichen Angelegenheiten (z.B. Pflege) – Gesundheitsfürsorge – Aufenthaltsbestimmung (z.B. Entscheidung über einen Umzug in ein Pflegeheim) – Postangelegenheiten – Wohnungsangelegenheiten.

b. Für wen ist eine Betreuungsverfügung geeignet?

Sie eignet sich für Menschen, die niemanden in ihrem Umfeld haben, dem sie zu 100 % vertrauen.

Auch Personen, die nur noch teilweise geschäftsfähig sind oder geschäftsunfähig, können eine Betreuungsverfügung verfassen. Dies ist bei einer Vorsorgevollmacht nicht mehr möglich.

Wichtig: Mit einer Betreuungsverfügung legen Sie fest, wer Sie im Notfall vertreten soll. Ihre Entscheidung für einen bestimmten Betreuer ist jedoch nicht „rechtsverbindlich“! Das Betreuungsgericht (Amtsgericht) kann auch einen anderen als den vorgeschlagenen Betreuer einsetzen, falls berechtigte Zweifel an der rechtmäßigen Ausübung dieser Aufgabe durch den genannten Betreuer bestehen.

c. Zu welchem Zeitpunkt beginnt die Betreuung?

Erst dann, wenn das Betreuungsgericht darüber entschieden hat.

Ab der sogenannten „Bestallung“ überwacht das Gericht den Betreuer. Dieser hat regelmäßig Rechenschaft über seine Tätigkeit abzulegen. So wird eine vollumfängliche Vermögensaufstellung gefordert und alle wichtigen Entscheidungen müssen vom Gericht genehmigt werden. Der Betreuer haftet für Verletzungen seiner Pflichten.

d. Muss die Betreuungsverfügung eine bestimmte Form haben?

Nein. Sie können Ihre Wünsche auch einfach auf ein Blatt Papier schreiben. Unterschrift, Ort und Datum dürfen nicht fehlen – empfehlenswert ist die Erneuerung die Unterschrift mit Datum alle ein bis zwei Jahre. Sie können in der Betreuungsverfügung auch Ihre Wünsche und Gewohnheiten vermerken, auf die Rücksicht genommen werden soll.

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz bietet eine umfassende Broschüre mit austrennbaren Formularen an. Bestelldaten siehe unten.

⇒ Eine Betreuung endet mit dem Tode des Betreuten.

e. Kosten einer Betreuung

Bei einer ehrenamtlichen Betreuung entstehen für den Betroffenen keine Kosten, abgesehen von den Gebühren für das Betreuungsverfahren. Diese sind abhängig vom Reinvermögen des Betreuten.
Berufsbetreuer erhalten vom Betreuten eine Pauschale, abhängig von ihrer beruflichen Qualifikation.
Bei „Mittellosigkeit“ werden die Kosten vom Staat übernommen.


2. DIE VORSORGEVOLLMACHT

Bei einer Vorsorgevollmacht wird eine vertraute Person zum Vertreter des Betroffenen eingesetzt, um dessen Interessen wahrzunehmen.

Eine Vorsorgevollmacht macht ein gerichtliches Betreuungsverfahren entbehrlich. Zumindest für die Bereiche, die von der Vollmacht abgedeckt werden. Sollten sich zu einem späteren Zeitpunkt eventuell weitere Bereiche ergeben, die nicht in der Vollmacht erwähnt wurden, ist dafür ergänzend eine Betreuung erforderlich.

a. Aufgabenkreis

Die Vollmacht kann sich auf alle regelungsbedürftigen Angelegenheiten erstrecken wie bei der rechtlichen Betreuung, nur dass hier keine Kontrolle durch das Betreuungsgericht erfolgt.

Banken und Sparkassen bestehen auf einer eigenen Bankvollmacht, die direkt dort erteilt wird.

b. Für wen ist eine Vorsorgevollmacht geeignet?

Leider passiert es immer mal wieder, dass ein Bevollmächtigter den Vollmachtgeber betrügt. Deshalb sollten Sie genau überlegen, welcher Person Sie wirklich uneingeschränkt vertrauen und von der Sie überzeugt sind, dass sie in Ihrem Sinne handeln wird.

Vollmacht heißt, jemandem die „volle Macht“ zu geben“.

Sie können übrigens für verschiedene Aufgabenbereiche jeweils einen eigenen Bevollmächtigten ernennen oder eine Untervollmacht erteilen. Weniger ratsam ist es, mehrere Personen mit demselben Aufgabenkreis zu bevollmächtigen. Dies kann eventuell dazu führen, dass unterschiedliche Meinungen keine Entscheidung ermöglichen.

Eine Vollmacht kann nur bei Geschäftsfähigkeit des Betroffenen erteilt werden. Bitte beachten Sie dies, wenn bei Ihnen oder einem Angehörigen eine beginnende Demenz vorliegt. Anfänglich sind noch vernünftige Entscheidungen möglich, mit einer fortschreitenden Entwicklung nicht mehr.

c. Zu welchem Zeitpunkt beginnt die Vorsorgevollmacht?

Eine Vollmacht ist ab der Unterschrift rechtsverbindlich.

Sie können jedoch vereinbaren, dass von der Vorsorgevollmacht erst dann Gebrauch gemacht werden darf, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, Ihre Angelegenheiten selbständig zu regeln.
Der Bevollmächtigte muss die Vollmacht nachweisen, indem er das Original oder eine auf seinen Namen ausgestellte Kopie vorlegt.

Hinweis: Bitte verwenden Sie keine Formulierung wie zum Beispiel. „Für den Falle meiner Geschäftsunfähigkeit...“, da dies der Bevollmächtigte nicht nachweisen kann.

Eine Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen werden.

Beim Vorliegen einer Vollmacht darf ein Gericht dann grundsätzlich keinen Betreuer mehr bestellen. Ausnahmen können bei der Entscheidung für Unterbringungsmaßnahmen und ärztliche Behandlungen sein, die ein großes Risiko bergen. Ein Bevollmächtigter kann sich übrigens ebenso wie ein Betreuer von den Betreuungsvereinen beraten lassen.

⇒ Eine Vorsorgevollmacht kann auch über den Tod hinaus gültig bleiben.

d. Muss die Vorsorgevollmacht eine bestimmte Form haben?

Eine schriftliche Form ist schon aus Gründen der Klarheit notwendig. Sie können sie sowohl handschriftlich als auch am PC schreiben (lassen). Datum, Unterschrift und Ort der Abfassung nicht vergessen.

Empfehlenswert ist die Verwendung eines Formulars, z.B. vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz – siehe unten. Zweckmäßig ist es, den gewünschten Bevollmächtigten bei der Abfassung mit einzubeziehen. So können eventuelle Fragen gleich geklärt werden.

Eine notarielle Beglaubigung ist nicht erforderlich. Ausnahmen sind Vollmachten für Darlehen oder Grundstücksgeschäfte.

e. Kosten einer Vorsorgevollmacht

Die Kosten für die notarielle Beurkundung Ihrer Vollmacht bestimmen sich nach dem Wert Ihres Vermögens.

3. WELCHES DER BEIDEN DOKUMENTE IST FÜR SIE GEEIGNET?

Wir wünschen uns alle, dass wir nicht in die Lage kommen, dass andere Personen für uns Entscheidungen übernehmen müssen. Sollte dieser Fall jedoch eintreffen, ist eine gut durchdachte Vorsorge sehr hilfreich. Für Sie, Ihre Angehörigen und die behandelnden Ärzte.

Welches der beiden Dokumente Sie für sich wählen, ist natürlich Ihre Entscheidung. Beide Dokumente nebeneinander sind nicht möglich.

Als Leitfrage empfehle ich:

Möchten Sie, dass Ihre Vertrauensperson alleine und unabhängig entscheiden kann ( = Vorsorgevollmacht) oder möchten Sie, dass Ihre Vertrauensperson gerichtlich bestätigt und kontrolliert werden soll (= Betreuungsverfügung).

Bei einem guten Verhältnis zur betreffenden Person würde ich aufgrund meiner eigenen Erfahrung zu einer Vorsorgevollmacht raten. Bei den Entscheidungen, die ich als Bevollmächtigte für meine Eltern getroffen habe, hätte ich sonst stets Rücksprache mit einem fremden Rechtspfleger halten müssen, der ihre Wünsche nicht gekannt hätte.

Sie können sich auch bei Betreuungsvereinen beraten lassen, welche Möglichkeit für Sie die passende ist. Einige Adressen habe ich am Seitenende vermerkt.

Gleich für welches Dokument Sie sich entscheiden, sollten Sie dieses an einem Ort aufbewahren, der leicht erreicht werden kann. Die Vorsorgevollmacht können Sie auch dem Bevollmächtigten aushändigen mit der Maßgabe, sie erst im Notfall einzusetzen. In der Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz finden Sie heraustrennbare Kärtchen mit dem Hinweis auf eine bestehende Betreuungsverfügung bzw. Vorsorgevollmacht. Sie lassen sich leicht in der Geldbörse verwahren.

Alternativ ist die Registrierung beim zentralen Vorsorgeregister der Bundes-Notar-Kammer gegen eine kleine Gebühr. www.vorsorgeregister.de 

 


Vorsorge für Unfall, Krankheit, Alter durch Vollmacht, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung

Herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz.

Achten Sie bitte auf die aktuelle Ausgabe.
Zu beziehen ist die Broschüre über Buchhandlungen oder Internet oder HIER zum Herunterladen.

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